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Moritz Hofer berichtet aus Genf

|   Alltag

Im Rahmen des HSSIP (high school internship programme) des CERN bekamen heuer 24 Schüler aus ganz Österreich, darunter auch ich, die Möglichkeit, zwei Wochen am Gelände dieser bedeutenden Forschungseinrichtung in Genf zu verbringen.

Das CERN ist die bedeutendste wissenschaftliche Institution für Teilchenphysik mit über 3500 Angestellten Wissenschaftlern aus aller Welt. Besonders bekannt ist das CERN für den LHC („Large Hadron Collider“) mit 27km Länge, dem größten je gebauten Teilchenbeschleuniger. Über eine längere Vorbeschleunigerkette werden in den LHC Protonen mit nahezu Lichtgeschwindigkeit und einer Energie von ca. 7 TeV (Terraelektronenvolt) eingespeist. Diese Protononen kommen in sogenannten „Bunches“ mit je über 100 Milliarden Protonen in die Strahlröhre, rund 3000 davon kreisen zu jedem Zeitpunkt im LHC. Diese kollidieren danach alle 25 Nanosekunden in vier festgelegten Punkten, den vier großen Detektoren des LHC. Namentlich sind diese ALICE, ATLAS, LHCb und CMS. Während ALICE und LHCb besondere Aufgaben verfolgen (Untersuchung des Quark-Gluonen Plasmas; Vermessung von CP-Verletzungen), ist beziehungsweise war die Hauptaufgabe von CMS und ATLAS die Detektion des Higgs-Boson. Dieses bereits 1960 vorhergesagte Teilchen war essentiell für das derzeitige Standardmodell der Teilchenphysik, dennoch wurde es vor dem Bau des LHC 2008 noch nirgends beobachtet. Erst im Juli 2012, über 50 Jahre nachdem die Theorie die Existenz dieses „Gottesteilchen“ voraussagte, vermeldeten ATLAS und CMS den Fund ebendieses, wofür François Englert und Peter Higgs im Jahr 2013 den Nobelpreis zugesprochen bekamen. Zurzeit befindet sich der LHC im zweiten geplanten längeren Shutdown bis 2021, es finden gerade also keine Kollisionen statt. Dies bedeutete für uns, dass wir die Detektoren ALICE und CMS besuchen konnten, ein Privileg, da dies während eines Runs aufgrund der Strahlenbelastung nicht möglich ist.

Der LHC besteht aus insgesamt 1232 Magneten mit einer jeweiligen Länge von 15m. Die Magnete bestehen aus Niob und Titan und sind supraleitend, was bedeutet das sie keinen elektrischen Widerstand besitzen. Dies ermöglicht extrem hohe Feldstärken (8 Tesla) und Stromstärken (12.000 Ampere), bei denen normale Kupferkabel durchschmelzen würden. Das hohe magnetische Feld wird benötigt, um die Protonen mithilfe der Lorentzkraft auf einer Kreisbahn zu halten. Da die Kabel jedoch nur unter 10 Kelvin supraleitende Eigenschaften zeigen, muss der LHC vor einem Run auf eine Betriebstemperatur von 1,9K (-271,25°C), also nur ganz knapp über den absoluten Nullpunkt, gekühlt werden. Dies geschieht mithilfe von Flüssigstickstoff (10.000 Tonnen) und suprafluidem Helium (800.000 Liter).

Im Rahmen unseres Projektes im Cryolab haben mein Partner und ich uns mit Wärmeübertragungsvorgängen an unterschiedlichen Oberflächen befasst. Ziel war es, den Wärmeübertragungskoeffizienten wie auch die Wärmeleitfähigkeit vom Übergang einer Aluminiumoberfläche zu Flüssigstickstoff experimentell zu bestimmen. Dafür nutzten wir einen Pt100, ein Bauteil aus Platin, das seinen Widerstand abhängig von der Umgebungstemperatur in einer Kalibrationskurven zu entnehmender Weise ändert. Dies bedeutet, dass man über eine Messung des Widerstandes (R = U / I) auf die Temperatur schließen kann. Ein Ergebnis unserer Untersuchung ist ein Graph, der den Wärmestrom („heat flux“) als Funktion der Temperatur angibt. Man kann daraus gut erkennen, dass anfangs, wenn ∆T von 220K auf 27K sinkt, der Wärmestrom ebenfalls nahezu linear abnimmt, dann jedoch plötzlich ein Spike auftritt und danach die zwei Materialien im thermischen Gleichgewicht (gleiche Temperatur, ∆T = 0) sind. Dies entsteht dadurch, dass anfangs eine Schutzschicht aus gasförmigen Stickstoff besteht, die die Wärmeübertragung hindert (Leidenfrost-Effekt). Mit dem Verschwinden dieser kann jedoch auch Wärme leichter übertragen werden, was den erhöhten Wärmestrom erklärt.

Während wir vormittags ausschließlich bei unseren Projekten waren, hatten wir am Nachmittag im Rahmen mehrerer Visits die Gelegenheit, mehr über unterschiedliche Unternehmungen und Experimente des CERN zu erfahren. So besuchten wir unter anderem die zwei großen Detektoren ALICE und CMS, das data centre, die Antimatter Factory, das CERN Control Centre, das AMS, die Magnetentesthalle SM18 und das Synchrocyclotron. Bei diesen meist mehrstündigen visits hatten wir allerhand Gelegenheit die Führer und Guides mit allerhand Fragen zu löchern, wobei manches erst beim gemeinsamen Diskutieren beim Abendessen im Restaurant 1 geklärt werden konnte.

Alles in allem waren es sehr informative, schöne Wochen in der Schweiz, bei der sowohl wir Schüler als auch unsere Betreuungslehrer Herr Graf und Frau Schort hoffentlich einiges an Wissen mit nach Hause nehmen konnten. Es war unglaublich interessant zu sehen, wie Forschung an solch einer riesigen Organisation gemacht wird und wie der Alltag eines klassischen CERN Wissenschaftlers aussehen kann. Eine Sache die wir nämlich schnell gemerkt haben ist, dass es unterschiedlichen Fachbereichen das das CERN abdeckt sind nämlich auch die unterschiedlichsten Menschen in das CERN involviert. Abschließend möchte ich mich noch einmal bei allen Beteiligten, den Betreuungslehrern, den Verantwortlichen am CERN für diese einmalige Gelegenheit bedanken, zwei Wochen am CERN verbringen zu können ist sicher nicht alltäglich. Das HSSIP bot mir die Möglichkeit, meine Interessen in Physik zu vertiefen und einen Einblick in den Forschungsalltag am CERN zu bekommen, wo täglich die Grenze des Wissens ein kleines Stück nach hinten geschoben wird.